11. AO Trauma Seminar West – Aktuelle Behandlungskonzepte Oberes Sprunggelenk

Abb. 1: Faculty des AO Seminars West – v.l.n.r. Dr. Lutz Mahlke, Prof. Dr. Bertil Bouillon, Prof. Dr. Sascha Flohr, Dr. Thomas Paffrath, Dr. Ben Thalmann, Dr. Felix Krahe, Dr. Gereon Schiffer, Dr. Ulrich Thelen (weitere Faculty, nicht abgebildet: Prof. Lars Peter Müller, Prof. Dr. Sabine Ochman, Prof. Dr. Hans Polzer) / Bildquelle: Dr. Gereon Schiffer
Das traditionell kompakteste AO-Seminar Deutschlands fand am 29.1.25 erneut als „wochenendsparende Fortbildung“ in Köln, diesmal in Räumlichkeiten der Universitätsklinik statt. Unter leicht veränderter Leitung mit Gereon Schiffer, Lars Müller und Sascha Flohé als Nachfolger für Joachim Windolf gab es das bekannte und bewährte Konzept mit einem sehr fokussierten Thema, einer ausgesuchten Faculty und viel Zeit für engagierte Diskussionen. Dies wurde von 58 Teilnehmenden honoriert, damit war das Seminar erfreulicherweise sogar überbucht.
In der kurzen Einführung von Gereon Schiffer unter intensiver Nutzung des Online-Abstimmungstools wurde schnell klar: auch wenn wir über sehr häufige Verletzungen sprechen, gibt es viele unterschiedliche Konzepte hinsichtlich Diagnostik, Therapie und Nachbehandlung.
Ben Thalmann (Solingen) erläuterte die Problematik insbesondere der OSG Distorsionsverletzungen: wie filtert man aus den vielen Patienten mit Umknicktrauma diejenigen heraus, die einer weiteren Diagnostik und Therapie bedürfen? Belastete Aufnahmen könnten hier ein Weg sein, ebenso klinische Untersuchungen wie Frick- und Squeeze-Test.
Sascha Flohé setzte sich anschließend kritisch mit der Evidenzlage zum Thema „Stellschraube oder Tight Rope“ auseinander. Auch hier fehlen klare literaturbasierte Empfehlungen. In der Umfrage zeigte sich, dass aktuell die Stellschraube unangefochten ist.
Im Referat von Sabine Ochman (Münster) ging es um die sehr umstrittene Frage, wann man überhaupt eine Stellschraube benötigt und ob und wann diese wieder entfernt werden sollte. Hier geht der Trend eindeutig zu einem längeren oder dauerhaften Belassen der Schrauben. Wichtig ist hier immer eine gute Kommunikation mit den Patienten.
Über den Umgang mit Sportlern, sowohl im Amateur als auch im Profibereich, berichtete Lutz Mahlke (Paderborn) als Mannschaftsarzt eines Profi-Fußballteams. Er verwies unter anderem auf ein sehr gut ausgearbeitetes Reha-Konzept der Berufsgenossenschaften.
Am anderen Ende der Altersspanne beschäftigte sich Bertil Bouillon (Köln-Merheim) mit eventuellen Indikationen für eine primäre OSG-Arthrodesennagelung nach Fraktur. Motivation waren die in der Literatur berichteten, erschreckend hohen Amputationsraten und Behandlungszeiten bei sehr alten und gebrechlichen Patienten. Bouillon konnte zeigen, dass die Arthrodesenagelung in sorgfältig ausgesuchten Fällen größere Probleme verhindern und dem Patienten die schnellere Rehabilitation ermöglichen kann.
Zum Schluss der intensiven Session kam Hans Polzer (München) quasi als „Safety-Car“ auf die Rednerbühne und griff in seinem Vortrag viele Aspekte der intensiven Diskussion auf. Letztlich besteht ein Kernproblem in der Diagnostik der Verletzungen des Syndesmosenkomplexes darin, die „Ein-Band-Verletzungen“ von den „Zwei-Band-Verletzungen“ zu differenzieren, um so ein Under- und Overtreatment der Patienten zu verhindern. Die Darstellung seines Diagnostik- und Therapiekonzeptes wurde in sehr weiten Teilen von Faculty und Teilnehmenden unterstützt und zeigte eindrücklich, wie komplex das Thema ist und wie sehr sich die Strategien in den letzten Jahren verändert haben.
Nach der Pause, in der die lebhaften Diskussionen fortgeführt wurden, stand der zweite Teil der Veranstaltung im Zeichen der interaktiven Fallpräsentationen mit einer Vielzahl von Online-Abstimmungen. Uli Thelen (Berg. Gladbach), Thomas Paffrath (Köln), Felix Krane (Köln) und Ben Thalmann (Solingen) zeigten interessante und lehrreiche Fälle. Der Fokus lag hier auf Problemfällen, die sehr offen im Plenum mit der Faculty diskutiert wurden, häufig kontrovers aber immer respektvoll und konstruktiv.
So konnte als Bilanz des intensiven Nachmittags zwar die eingangs geäußerte Befürchtung von Gereon Schiffer („Je mehr ich mich mit dem Thema beschäftige, umso mehr Fragen tauchen auf“) nicht widerlegt werden, die herausragenden Bewertungen der Referierenden und der Veranstaltung als Ganzes sprechen jedoch dafür, dass alle Teilnehmenden den Heimweg mit einem relevanten Erkenntnisgewinn antreten konnten.
Dr. Gereon Schiffer, Bergisch Gladbach