Forschung
Herzlich Willkommen im Bereich Forschung der AO Trauma Deutschland!
Die AO Trauma Deutschland unterstützt die klinische und wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet des Stütz- und Bewegungsapparates auf verschiedenste Weise.
Ein besonderes Anliegen ist uns, in den Nachwuchs zu investieren und ihn zu fördern. Hierzu stehen unterschiedliche Förderinstrumente, wie z.B. die Nachwuchsförderung oder der Wissenschaftspreis der AO Trauma Deutschland, zur Verfügung.
In den Beiträgen auf dieser Seite berichten unsere aktuellen Preisträger jeweils über ihre Projekte und geben wertvolle Einblicke in den wissenschaftlichen und klinischen Alltag.
Besuchen Sie gerne auch unseren Bereich „Ausschreibungen“ und senden Sie uns Ihre Bewerbung unter Berücksichtigung der Einreichungsfristen an die angegebenen Kontaktdaten.
Prof. Dr. med. Richard Stange
Research Officer AO Trauma Deutschland
Preisträger der Nachwuchsförderung:
Projekte 2023
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Dr. med. Adrian Deichsel
Der Einsatz von Cerclagen in der Therapie von Patellafrakturen – Eine biomechanische Untersuchung
Dr. med. Adrian Deichsel
Universitätsklinikum Münster
Klinik für Unfall-, Hand-, und WiederherstellungschirurgieAbstract:
Einführung:
Frakturen des distalen Patellapols, sowie mehrfragmentäre Patellafrakturen stellen eine herausfordernde Entität von Frakturen dar, welche trotz Weiterentwicklungen in den osteosynthetischen Techniken weiterhin häufig kein optimales Outcome besitzen. Zusätzlich zu winkelstabilen Plattensystemen könnten Cerclagen, entweder als McLaughlin-Cerclage, oder Äquatorialcerclage, zusätzliche Stabilität der Osteosynthese bewirken.Ziel:
Das Ziel dieser Studie ist es den Effekt von Cerclagen auf die biomechanische Primärstabilität von Patellafrakturen, welche mit winkelstabilen Plattensystemen versorgt wurden, zu untersuchen.Methoden:
In einem dynamischen humanen Modell der Osteosynthese von Patellafrakturen wird die Verwendung von Cerclagen, additiv zur einer winkelstabilen Platte, auf ihren Einfluss auf die Stabilität der Osteosynthese, unter zyklischer Belastung, untersucht. Die Studie besteht aus zwei Studienarmen. Im ersten Studienarm wird die Verwendung der McLaughlin-Cerclage bei Frakturen des distalen Pols der Patella untersucht. Im zweiten Studienarm wird die Verwendung einer Äquatorialcerclage bei mehrfragmentären Patellafrakturen untersucht. Jeweils die Hälfte der Studienpräparate des jeweiligen Studienarmes werden, zusätzlich zur Osteosynthese mittels winkelstabiler Platte, mit additiver Cerclage versorgt. Die Belastung der Körperspender-Kniegelenke erfolgt mit einer servohydraulischen Prüfmaschine, welche über einen Zug an der Quadrizepssehne eine zyklische Beugung und Streckung des Kniegelenks von 10 bis 400 N für 3000 Zyklen durchführt. Ein kommerzielles optisches 3D-Messsystem (ARAMIS, GOM GmbH) wird verwendet, um die Distraktion der einzelnen Patellafragmente voneinander zu visualisieren und zu quantifizieren. Die Distraktion über die zyklische Belastung wird mittels t-test / Mann-Whitney Test zwischen Osteosynthesen mit und ohne additive Cerclage verglichen.Hypothesen:
Es wird vermutet, dass der Einsatz von sowohl McLaughlin-, als auch Äquatorialcerclagen zu einer signifikanten Verringerung der Distraktion des Frakturspaltes von osteosynthetisch versorgten Patellafrakturen unter zyklischer Belastung führen und damit ein wichtiges Zusatzinstrument in der Versorgung dieser Frakturen darstellen. -
Dr. med. Marcel Niemann
BREEZE – Biomarker für verletzungsassoziierte Pneumoien
Dr. med. Marcel Niemann
Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie (CMSC)
Charité – Universitätsmedizin BerlinKnapp die Hälfte der Patient*innen, die aus großer Höhe stürzen, als Fußgänger*innen in Verkehrsunfälle involviert sind oder als PKW-Insassen bei Unfällen verletzt werden, erleidet schwere Thoraxverletzungen.1 Hierbei stellen insbesondere instabile knöcherne Thoraxverletzungen (eng.: flail chest) hohe Herausforderungen für die Behandelnden dar, da sie mit einem erhöhten Schmerzniveau, längerem Krankenhausaufenthalt, prolongierter invasiver Beatmungszeit und hohen Komplikationsraten assoziiert sind.2
Die verletzungsassoziierte, nosokomiale Pneumonie gilt als eine der wesentlichen Komplikationen einer instabilen Thoraxverletzung. Bisher gibt es keinen klinischen Routinemarker zur Prädiktion oder zum Monitoring einer verletzungsassoziierten, nosokomialen Pneumonie. Das endothelial cell specific molecule 1 (ESM1, Endocan) wurde als potentieller Biomarker für die Entstehung einer nosokomialen Pneumonie beschrieben. Dabei scheint ESM1 nicht nur mit dem Schweregrad der Pneumonie zu korrelieren,3 sondern bei Schwerstverletzten prädiktiv für das Auftreten eines Acute Respiratory Distress Syndroms (ARDS) zu sein.4
Aufgrund inhomogener chirurgischer Strategien und kaum vergleichbarer Kollektive ist die bisherige Datenlage hinsichtlich der Indikation zur frühzeitigen Osteosynthese von Segmentverletzungen der Rippen inkonklusiv. Auch eine retrospektive Studie aus unserem Zentrum zeigte ein annähernd gleiches Outcome zwischen operativ und konservativ Behandelten.5 Es muss jedoch angemerkt werden, dass die Indikation zur Osteosynthese in unserem Zentrum bislang als letzte Therapieoption gestellt wird. Indikationen hierfür können bspw. ein prolongiertes Weaning, ein rezidivierendes Scheitern der Extubation oder eine mechanische Atemerschöpfung der Patient*innen sein.
Auf Basis dieser Beobachtungen postulieren wir, dass Patient*innen von einer frühzeitigen osteosynthetischen Versorgung von Segmentverletzungen der Rippen profitieren können. Darüber hinaus soll ESM1 als Marker zur Prädiktion des Auftretens verletzungsassoziierter Pneumonien bei Segmentverletzungen der Rippen untersucht werden.
Hierzu planen wir eine prospektive, randomisierte, monozentrische Studie. Patient*innen mit Segmentverletzungen der Rippen, die innerhalb von 72 Stunden nach Unfallereignis operativ versorgt sowie im Anschluss nach aktuellen klinikinternen Standards stationär weiterbehandelt werden, sollen mit einer konservativen Kontrollgruppe verglichen werden. Alle Patient*innen werden im Rahmen der klinikinternen Standards im stationären Verlauf klinisch und paraklinisch beobachtet. Dies schließt neben routinemäßig erhobenen Vitalparametern, Röntgenbildern und ärztlichen Verlaufsdokumentationen Routinelaborkontrollen (u. a. C-reaktives Protein, Procalcitonin, Leukozytenzahl) und Blutgasanalysen mit ein. Zur Analyse der Immunzellzusammensetzung im peripheren Blut werden wir eine standardisierte Multiparameter-Durchflusszytometrie (Navios, Beckman Coulter) und validierte 10-Farben-Duraclone™-Panels verwenden, die an unserem Institut in Zusammenarbeit mit Beckman Coulter entwickelt wurden. Insbesondere werden wir das Immunzellprofil der Studienteilnehmer*innen mit verschiedenen Duraclone™-Panels charakterisieren (Basisphänotypisierung [CD16, CD56, CD19, CD14, CD4, CD8, CD3, CD45], T-Zell-Untergruppen [CD45RA, CD197, CD28, CD279, CD27, CD4, CD8, CD3, CD57, CD45] und B-Zell-Untergruppen [IgD, CD21, CD19, CD27, CD24, CD38, IgM, CD45]). Die zeitlichen Veränderungen des Immunprofils werden zu den Zeitpunkten 24, 48 und 72 Stunden nach Trauma ebenfalls mit Hilfe der oben beschriebenen Duraclone™-Panels analysiert. Die Auswirkungen der osteosynthetischen Versorgung der o. g. Verletzungen auf die Plasmazytokinprofile werden in Proben von Studienteilnehmer*innen einmalig präoperativ und zu drei Zeitpunkten (24, 48 und 72 Stunden) postoperativ untersucht. Hierfür werden ultrasensitive und hoch standardisierte Multiplex-Liganden-Assays (z. B. V-PLEX human Biomarker Kit von Meso Scale Diagnostics) verwendet. Die Analyten umfassen u. a. TNF-α, G-CSF, IFN-γ, IL-6, IL-10, TGF-ß, IL-8 insgesamt; sVCAM, sE-Selektin, sICAM, SDF-1α, VEGF-Isofroms, NT-pro-BNP und ESM1.
Primärer Endpunkt stellt die Rate an verletzungsassoziierten nosokomialen Pneumonien dar. Dies soll in Zusammenhang mit der Immunprofil-Basischarakterisierung sowie der zeitlichen Variabilität der Plasmazytokinprofile der Studienteilnehmer*innen gestellt werden, wobei ein besonderes Augenmerk auf ESM1 als prädiktiver Biomarker für das Auftreten einer nosokomialen Pneumonie liegen soll.
Diese Studie soll als Pilotstudie die Grundlage für die Planung und Durchführung einer Multicenterstudie werden, in der wir die Überlegenheit der frühzeitigen osteosynthetischen Stabilisierung von instabilen Thoraxverletzungen gegenüber einer konservativen Therapie zeigen wollen.
Referenzen- Topp T, Müller T, Kiriazidis I, Lefering R, Ruchholtz S, Trauma Registry of the German Trauma Society, et al. Multiple blunt trauma after suicidal attempt: an analysis of 4,754 multiple severely injured patients. Eur J Trauma Emerg Surg. 2012 Feb;38(1):19–24.
- Kerr-Valentic, M.A.; Arthur, M.; Mullins, R.J.; Pearson, T.E.; Mayberry, J.C. Rib fracture pain and disability: Can we do better? J. Trauma Acute Care Surg. 2003, 54, 1058-1064. [CrossRef]
- Laloglu E, Alay H. Endocan as a potential marker in diagnosis and predicting disease severity in COVID-19 patients: a promising biomarker for patients with false-negative RT-PCR. Ups J Med Sci. 2022 Jan 24;12. doi: 10.48101/ujms.v127.8211. PMID: 35140869; PMCID: PMC8788653.
- Mikkelsen ME, Shah CV, Scherpereel A, Lanken PN, Lassalle P, Bellamy SL, Localio AR, Albelda SM, Meyer NJ, Christie JD. Lower serum endocan levels are associated with the development of acute lung injury after major trauma. J Crit Care. 2012 Oct;27(5):522.e11-7. doi: 10.1016/j.jcrc.2011.07.077. Epub 2011 Sep 29. PMID: 21958978; PMCID: PMC3790584.
- Niemann, M.; Graef, F.; Tsitsilonis, S.; Stöckle, U.; Märdian, S. Retrospective Analysis of the Clinical Outcome in a Matched Case-Control Cohort of Polytrauma Patients Following an Osteosynthetic Flail Chest Stabilization. J. Clin. Med. 2020, 9, 2379.
Projekte 2022
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Dr. med. Leopold Henßler
Makroskopische Darstellung nekrotischer Knochenareale mithilfe der ossären Autofluoreszenz (VELscope®) zur Verbesserung des knöchernen Debridements – Eine experimentelle Studie
Dr. med. Leopold Henßler
Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für UnfallchirurgieAbstract:
Chronischen Knocheninfektion führen u.a. zu Nekrosen des betroffenen Knochenareals [1]. Die chirurgische Resektion des gesamten Nekroseareals ist entscheidend für den Erfolg der Therapie [2–4]. Die Lokalisation und Ausdehnung des infizierten Areals kann sowohl prä- als auch intraoperativ häufig nur abgeschätzt werden. Um eine sichere Entfernung des gesamten nekrotischen Knochens zu gewährleisten, ist häufig eine ausgedehnte Resektion des infizierten Knochenareals mit anschließender schwieriger Rekonstruktion der entstandenen segmentalen Defekte notwendig [3,5,6].
Eine mögliche Hilfestellung in der intraoperativen Darstellung des Nekroseareals könnte ein Verfahren zur Fluoreszenz-Darstellung des Knochens mittels der sog. VELscope®-Technologie bieten. Die Methode basiert auf einem unterschiedlichen Fluoreszenzverhalten von vitalem und avitalem Knochen und konnte in der Vergangenheit bereits erfolgreich im Bereich der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) zur Detektion und vollständigen Resektion von aseptischen Kiefernekrosen angewandt werden [7–12].
Aus unserer Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Regensburg wurde bereits eine klinische Fallserie zur Autofluoreszenz-gesteuerten Knochenresektion bei chronischen Knocheninfektionen veröffentlicht. Im Rahmen einer ersten Pilotserie an zehn Patienten konnte die intraoperative Fluoreszenzdarstellung osteonekrotischer Areale bereits erfolgreich auf die Anwendung bei Patienten mit chronischen Knocheninfektionen übertragen werden [13]. Bei der Resektion nekrotischer Anteile des infizierten Knochens der eingeschlossenen Patienten konnte mithilfe der VELscope®-Methode vitales von avitalem Knochengewebe unterschieden werden. Es wurden somit lediglich kleinflächige Resektionen der hypofluoreszenten Areale durchgeführt und zur Bestätigung der Resektionsgrenzen Knochen-Biopsien vor und nach der VELscope®-gestützten Resektion entnommen. Die Resektionsränder nach fluoreszenzgesteuerter Resektion zeigten stets vitalen Knochen (s. Abbildung 1) [13]. Im Zuge des weiteren Erkenntnisgewinns für diese interessante Technologie planen wir daher nun eine ex vivo Untersuchung an intraoperativ gewonnenen Knochenproben.
Anhand von frischen humanen Knochenpräparaten (Femurkopf, Schenkelhals), die bei Hüft-Prothesen-Operationen entnommen werden, soll die Autofluoreszenz in Abhängigkeit im Zuge der eintretenden Nekroseprozesse mittels VELscope untersucht und mit den histologischen und EM-Ergebnissen verglichen werden. Die Knochenproben werden unmittelbar nach der intraoperativen Entnahme in unser Labor für Experimentelle Unfallchirurgie gebracht und direkt mittels VELscope®-Autofluoreszenz untersucht. Zum gleichen Zeitpunkt werden die ersten Konchenproben entnommen und für die histologischen und EM-Analysen vorbereitet. Der Untersuchungsablauf wird nach 12, 24, 48 und 96 Stunden sowie 10 Tage nach Entnahme wiederholt. Für die Dauer der Untersuchung werden die Knochenproben in einer isotonen Elektrolytlösung mit Antibiotika-Zusatz bei Körpertemperatur im Brutschrank gelagert. Die während der Untersuchungszeitpunkte entnommenen Knochenstanzen werden in einem standardisierten Verfahren mit Hämatoxylin und Eosin gefärbt. Zusätzlich ist zur Analyse der Veränderungen der extrazellulären Matrix eine Färbung mittels Goldner-Trichromfärbung geplant. Zudem werden frühe zelluläre Veränderungen im Rahmen der Nekrose mittels elektronenmikroskopischer Analyse festgehalten. Bei der histologischen und elektronenmikroskopischen Untersuchung werden die Untersucher bezüglich der Fluoreszenzdarstellung der Proben sowie des Entnahmezeitpunkts verblindet. Die Auswertung der Fluoreszenz-Darstellung erfolgt anhand der Farbintensität semi-automatisiert mithilfe Software ImageJ (National Institutes of Health, USA). Anschließend wird die Farbintensität der Fluoreszenz mit den histologischen Ergebnissen und EM korreliert. Die Ergebnisse können zur Verbesserung der intraoperativen Diagnostik von nekrotischen Knochenarealen dienen, zukünftig die Resektionsgrenzen beim Debridement bei Knocheninfektionen besser bestimmen zu können.
Referenzen:
- Lew DP, Waldvogel FA. Osteomyelitis. The Lancet. 24. Juli 2004;364(9431):369–79.
- Morgenstern M, Kühl R, Eckardt H, Acklin Y, Stanic B, Garcia M, u. a. Diagnostic challenges and future perspectives in fracture-related infection. Injury. 1. Juni 2018;49:S83–90.
- Cierny GI, Mader JT, Penninck JJ. The Classic: A Clinical Staging System for Adult Osteomyelitis. Clinical Orthopaedics and Related Research®. September 2003;414:7–24.
- Sanders J, Mauffrey C. Long bone osteomyelitis in adults: fundamental concepts and current techniques. Orthopedics. Mai 2013;36(5):368–75.
- Forsberg JA, Potter BK, Cierny G, Webb L. Diagnosis and management of chronic infection. J Am Acad Orthop Surg. 2011;19 Suppl 1:S8–19.
Abbildung:
Abb. 1: Klinischer Fall mit chronisch infizierter Pseudarthrose der Tibia nach Marknagelnung (A, B). Intraoperativer Situs vor und nach Debridement (C1, C2) mit korrespondierender Autofluoreszenz imVELscope (D1, D2). Die histologische Auswertung der des nekrotisch imponierenden Knochens zeigt leere Osteozyten, wohingegen Proben aus dem Resektionsrand nach fluoreszenzgestützter Resektion der Nekrosen Osteozyten-haltige Lakunen zeigen (E1, E2). [13]
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Dr. med. Maximilian Menger
Auswirkungen von Cilostazol, einen Phospodiesterase-Hemmer, auf die Heilung der Pseudarthrose
Dr. med. Maximilian Menger
BG Unfallklinik Tübingen, Unfall- und WiederherstellungschirurgieAbstract:
Bis zu 10 % aller Frakturen zeigen eine verzögerte oder ausbleibende Heilung. In den letzten Jahrzehnten konnten eine Reihe von experimentellen Studien wichtige Erkenntnisse über die zellulären und molekularen Mechanismen der verzögerten Frakturheilung und Pseudarthrose gewinnen. Allerdings bleiben in vielen Fällen die Ursachen für die Entstehung der Pseudarthrose unklar. Für die betroffenen Patienten bedeutet dies oftmals einen verlängerten Rehabilitationsverlauf, der mit vermehrten Schmerzen und dem Funktionsverlust der betroffenen Extremität verbunden ist. Die schwierigen und langen Krankheitsverläufe beinträchtigen nicht nur den Patienten, sondern verursachen durch zusätzliche Kosten auch weitreichende Konsequenzen für das Gesundheitssystem.
Angiogenese und Vaskularisierung sind entscheidende Faktoren für eine erfolgreiche Knochenregeneration. Cilostazol ist ein selektiver Phosphodiesterase (PDE)-3 Hemmer, der den cyklischen Monophosphat (cAMP) Spiegel erhöht und dadurch zur Gefäßdilatation und Hemmung der Thrombozytenaggregation führt. Aus diesem Grund wird Cilostazol zur Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) eingesetzt. Darüber hinaus belegen experimentelle Arbeiten, dass Cilostazol die Expression von pro-angiogenen Wachstumsfaktoren stimuliert und damit die Angiogenese fördert.
Des Weiteren besitzen PDE-Hemmer selbst pro-osteogene Eigenschaften und stimulieren die Differenzierung und Proliferation von Osteoblasten. Unsere Arbeitsgruppe konnte bereits zeigen, dass Cilostazol die normale Frakturheilung verbessert. Allerdings gibt es bis heute keine Informationen, inwieweit Cilostazol die Heilung der Pseudarthrose beeinflusst. Aus diesem Grund soll der Einfluss von Cilostazol auf die Heilung der Pseudarthrose in einem etablierten Mausmodell untersucht werden.
Neben der Analyse der konventionellen Röntgenbilder, biomechanischen Daten, µCT, Histologie und Western blot Untersuchungen soll zudem das Kallusgewebe mit einer photoakustischen Bildgebung untersucht werden. Bei diesem neuen Verfahren wird Gewebe mit einem pulsierenden Laser bestrahlt, was wiederum zu einer thermoelastischen Expansion und damit einer Druckerhöhung im Gewebe führt, die messbare akustische Wellen aussendet. Dadurch ermöglicht die photoakustische Bildgebung zwischen oxygenierten und desoxygenierten Hämoglobin zu unterscheiden, und ermöglicht damit eine Echtzeit-Darstellung der Gefäßdurchblutung und Gewebeoxygenierung im Kallusgewebe.
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Dr. med. Katharina Blanka Jäckle
Prospektive Studie zur Ganganalyse nach perkutaner Iliosakralgelenksverschraubung bei hinterer Beckenringsverletzung gemessen durch ComputerMyoGrafie mittels Myonardo
Dr. med. Katharina Blanka Jäckle
Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische ChirurgieVerletzungen des hinteren Beckenrings erfordern häufig eine Verschraubung des Iliosakralgelenks (ISGs) (siehe Abbildung 1). Nach einem solchen Eingriff kann es zu Einschränkungen des Gangbildes der Patienten kommen. Das nachfolgend beschriebene Projekt stellt eine Methode vor, mit der Unterschiede im Gangbild von Patienten nach einer perkutanen Iliosakralgelenksverschraubung (ISG-Verschraubung) des hinteren Beckenrings im Vergleich zu gesunden Studienteilnehmern objektiv untersucht werden können.
Die Gangbilddaten werden mittels neuartiger ComputerMyoGrafie durch Myonardo, einem von der Firma Predimo GmbH entwickelten 3D-Computermodell für das humane Muskel-Skelett-System, ermittelt und analysiert. Myonardo erfasst sämtliche Bewegungsabläufe des Menschen einschließlich der Kräfte, die während einer Bewegung auf den Körper einwirken, und berechnet auch die Beanspruchung der jeweiligen Muskeln. Diese Methode bietet daher eine ausführliche intuitive Darstellung der Belastungen sowie eine übersichtliche Kurzfassung des individuellen Gangverhaltens, je nach spezifischer Anforderung. Dieses nicht-invasive Verfahren ermöglicht erstmalig einen detaillierten funktionellen Einblick in das Muskel-Skelett-System des menschlichen Körpers und kann daher bei Fragen und Aufgabenstellungen rund um die Erfassung, Optimierung und Visualisierung von Bewegungen und Muskelbeanspruchungen analytisch eingesetzt werden. Diese Studie zur Analyse von Gangbildern soll zur Gangoptimierung und damit letztlich zur Vermeidung von Fehlbelastungen bei den Patienten dienen.
DiAbbildung 2: 3D-Visualisierung der Ergebnisse. Nach freundlicher Genehmigung der Firma Predimo GmbH.e geplante Studie umfasst eine prospektive Analyse. Eine Gruppe von ca. 15-20 Patienten, die sich einer ISG-Verschraubung unterziehen müssen, soll in einem explorativen Ansatz das Gangmuster sowie präoperativ bzw. postoperativ als auch vor und nach abgeschlossener Rehabilitation mit dem normalen Gangbild von gesunden Probanden verglichen werden. Die Ganganalysen werden mit dem X-sense motion tracking system in Kombination mit einer neuen Computermyographie-Software ("Myonardo") durchgeführt (Abbildung 2).
Das mittel- und langfristige Ziel der Studie ist die Gangkinetik von Patienten mit hinterer Beckenringverletzung objektiv zu analysieren, und entsprechend der festgestellten Veränderungen, insbesondere bezüglich der Muskulatur, möglichst individuelle physiotherapeutische Rehabilitationsansätze zu etablieren. Das Analysesystem und sein Nutzen für eine zielgerichtete therapeutische Anwendung, bei der die Wiederherstellung eines normalen Gangbildes im Vordergrund steht, sollen kritisch beurteilt werden.
Abbildung 1: Röntgenübersicht des Beckens mit ISG-Verschraubung Höhe S1 linksseit
Abbildung 2: 3D-Visualisierung der Ergebnisse. Nach freundlicher Genehmigung der Firma Predimo GmbH. -
Dr. med. Olivia Mair
Prospektive Studie zur Ganganalyse nach perkutaner Iliosakralgelenksverschraubung bei hinterer Beckenringsverletzung gemessen durch ComputerMyoGrafie mittels Myonardo
Dr. med. Olivia Mair
Klinikum rechts der Isar der TU München, Klinik und Poliklinik für UnfallchirurgieVerletzungen des hinteren Beckenrings erfordern häufig eine Verschraubung des Iliosakralgelenks (ISGs) (siehe Abbildung 1). Nach einem solchen Eingriff kann es zu Einschränkungen des Gangbildes der Patienten kommen. Das nachfolgend beschriebene Projekt stellt eine Methode vor, mit der Unterschiede im Gangbild von Patienten nach einer perkutanen Iliosakralgelenksverschraubung (ISG-Verschraubung) des hinteren Beckenrings im Vergleich zu gesunden Studienteilnehmern objektiv untersucht werden können.
Die Gangbilddaten werden mittels neuartiger ComputerMyoGrafie durch Myonardo, einem von der Firma Predimo GmbH entwickelten 3D-Computermodell für das humane Muskel-Skelett-System, ermittelt und analysiert. Myonardo erfasst sämtliche Bewegungsabläufe des Menschen einschließlich der Kräfte, die während einer Bewegung auf den Körper einwirken, und berechnet auch die Beanspruchung der jeweiligen Muskeln. Diese Methode bietet daher eine ausführliche intuitive Darstellung der Belastungen sowie eine übersichtliche Kurzfassung des individuellen Gangverhaltens, je nach spezifischer Anforderung. Dieses nicht-invasive Verfahren ermöglicht erstmalig einen detaillierten funktionellen Einblick in das Muskel-Skelett-System des menschlichen Körpers und kann daher bei Fragen und Aufgabenstellungen rund um die Erfassung, Optimierung und Visualisierung von Bewegungen und Muskelbeanspruchungen analytisch eingesetzt werden. Diese Studie zur Analyse von Gangbildern soll zur Gangoptimierung und damit letztlich zur Vermeidung von Fehlbelastungen bei den Patienten dienen.
Die geplante Studie umfasst eine prospektive Analyse. Eine Gruppe von ca. 15-20 Patienten, die sich einer ISG-Verschraubung unterziehen müssen, soll in einem explorativen Ansatz das Gangmuster sowie präoperativ bzw. postoperativ als auch vor und nach abgeschlossener Rehabilitation mit dem normalen Gangbild von gesunden Probanden verglichen werden. Die Ganganalysen werden mit dem X-sense motion tracking system in Kombination mit einer neuen Computermyographie-Software ("Myonardo") durchgeführt (Abbildung 2).
Das mittel- und langfristige Ziel der Studie ist die Gangkinetik von Patienten mit hinterer Beckenringverletzung objektiv zu analysieren, und entsprechend der festgestellten Veränderungen, insbesondere bezüglich der Muskulatur, möglichst individuelle physiotherapeutische Rehabilitationsansätze zu etablieren. Das Analysesystem und sein Nutzen für eine zielgerichtete therapeutische Anwendung, bei der die Wiederherstellung eines normalen Gangbildes im Vordergrund steht, sollen kritisch beurteilt werden.
Projekte 2021
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Dr. med. Nils Becker
Einfluss der Frakturstabilisierung im Polytrauma auf die Zusammensetzung extrazellulärer Vesikel und die Frakturheilung
Dr. med. Nils Becker
Uniklinik RWTH Aachen, Klinik für Orthopädie- Unfall-, und WiederherstellungschirurgieHintergrund:
Die Versorgung schwerverletzter Patienten ist nach wie vor herausfordernd. Vor allem Frakturen der Extremitäten sind häufig. Dabei scheinen posttraumatische Entzündungsprozesse u.a. das immunologische Milieu im Frakturbereich und damit die Frühphase der Knochenheilung zu beeinflussen. Die häufigste Begleitverletzung, das Thoraxtrauma, scheint sich dabei negativ auf die Knochenheilung auszuwirken. In den letzten Jahren zeigten sich trauma- und frakturinduzierte extrazelluläre Vesikel (EV), als Träger verschiedener immunmodulatorischer Inhalte, sowohl an pulmonalen, wie auch an osteogenen Inflammationsprozessen maßgeblich beteiligt. Dabei beeinflussen sie das osteogene Potential von Osteoblasten.
In der Frakturversorgung schwerverletzter Patienten stehen sich das Damage Control Surgery (DCO) und das Early Total Care (ETC) Konzept gegenüber. Die Entscheidung für eine Versorgungsstrategie richtet sich u.a. nach der Verletzungsschwere und den Begleitverletzungen. Wie sich die Zusammensetzung der EVs bei vorliegender Lungenkontusion im Rahmen eines Polytraumas und vor dem Hintergrund der Frakturversorgung (interne oder externe Stabilisation) verhält und welchen Einfluss das auf die Knochenheilung hat, ist bislang unzureichend erforscht.
Hypothese:
Die interne (1) und externe (2) Frakturstabilisierung führen über die unterschiedliche systemische Freisetzung von extrazellulären Vesikeln (3) zu einem veränderten osteogenen Potential im Polytraumamodell der Ratte.
Methodik:
Um dieser Hypothese nachzugehen, ist ein Polytraumamodell in der Ratte mit standardisiertem Thoraxtrauma, hämorrhagischem Schock, einer Femurfraktur und unterschiedlicher Frakturversorgung geplant und genehmigt. Die Ratten werden nach Traumainduktion und Versorgung über einen Versuchszeitraum von 42 Tagen beobachtet. Unter anderem sind Untersuchun1) Interne Frakturstabilisierunggen zur Frakturheilung (Mikro-CT, Ganganalysen, histologische Analysen, biomechanische Tests) und der EVs geplant. Die EVs werden zur Analyse der Genexpression osteogener Faktoren isoliert und mit verschiedenen Zelltypen inkubiert.
Ziel:
Wir erwarten einen Unterschied des osteogenen Potentials und der Knochenqualität in Abhängigkeit der Methode der Frakturversorgung. Das Projekt soll die Grundlage für weitere Untersuchungen bilden, um das komplexe Zusammenspiel immunologischer Abläufe an der Frakturzone im Hinblick auf die Frakturheilung zu verstehen und Konzepte zur Verhinderung von Dysregulationen und resultierenden Komplikationen zu erarbeiten.
1) Interne Frakturstabilisierung
2) Externe Frakturstabilisierung
3) Extrazelluläre Vesikel
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Julia Bolte
Verbesserung der Implantatosteointegration und der Knochendichte im osteoporotischen metaphysären Knochen der Ratte
Julia Bolte
Universitäts-Centrum Dresden, Klinik für Orthopädie, Unfall-, und Plastische ChirurgieDie Behandlung von osteoporotischen Frakturen ist im klinischen Alltag eine große Herausforderung. Aufgrund der schlechten Knochenqualität lassen sich Implantate schlecht verankern, können lockern oder versagen mitunter, zusätzlich kommt es aufgrund der generellen Beeinträchtigung des Knochens zu weiteren Frakturen, die zu einer fortschreitenden Immobilität der Patienten führen können. Eine alleinige operative Behandlung ist daher in der Regel nicht ausreichend, sondern muss durch eine systemische Therapie für den Knochen ergänzt werden, um die Knochenqualität zu verbessern.
In Vorstudien zeigten sowohl Prostaglandinrezeptor-Agonisten als auch Bisphosphonate bei systemischer Anwendung, dass sie, insbesondere in Kombination, die Knochendichte von osteoporotischem Knochen erhöhen können. Die systemische Behandlung mit Prostaglandinrezeptor-Agonisten ist allerdings mit erheblichen unerwünschten Nebenwirkungen assoziiert. Es soll daher in der nun von der AO Trauma Deutschland geförderten Studie versucht werden, durch eine lokale Anwendung diese Nebenwirkungen wesentlich abzuschwächen und den Knochen lokal zu stärken.
Hypothese der Studie ist, dass die Schraubenosteointegration im metaphysären, osteoporotischen Knochen verbessert wird, indem eine Augmentation mittels resorbierbarem Calciumsulfat/Hydroxlyapatit (CaS/HA(-Zement)) Biokomposit und lokaler Freisetzung des Prostaglandinrezeptor-Agonisten KMN-159 sowie Zoledronsäure erfolgt. Dafür wird zunächst in vitro die Freisetzung von KMN-159 und Zoledronsäure aus einem CaS/HA(-Zement) Biokomposit untersucht. Anschließend soll in vivo im metaphysären Osteoporosemodell an der Ratte die Osteointegration einer 2,4 mm Titanschraube am distalen Femur untersucht werden, die je nach Gruppenzugehörigkeit in den CaS/HA(-Zement) Biokomposit eingeschraubt wird, welcher mit KMN-159 und/ oder Zoledronsäure funktionalisiert wird. Der Nachuntersuchungszeitraum beträgt 6 Wochen. Mittels μCT werden die Knochendichte und das Knochenvolumen, die Anzahl und Aufteilung der Trabekel untersucht. Des Weiteren wird die Osteointegration der Schrauben biomechanisch mittels Ausdrehmoment der Schrauben analysiert. Es werden zudem histologische Hartgewebsschnitte gefärbt, um das „implant bone interface“ zu untersuchen und die Zahl an Osteoblasten, Osteoklasten, sowie Gefäßen im Implantatumgebenden Knochen zu ermitteln.
Sollte sich die Hypothese bestätigen, so könnte die Schraubenosteointegration im osteoporotischen Knochen durch eine Augmentation mit Knochenzement unter lokaler Freisetzung eines Prostaglandinrezeptor-Agonisten in Kombination mit Zoledronsäure verbessert werden. Dies könnte dazu beitragen, bei Patienten mit osteoporotischen Frakturen die Materiallockerungs- und Revisionsrate zu senken, erneute Operationen zu vermeiden und die Morbidität und Mortalität zu reduzieren.
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Dr. med. Heilwig Fischer
Evaluation des osteoimmunologischen Potentials von Magnesiumimplantaten in vitro
Dr. med. Heilwig Fischer
Charité – Campus Virchow Klinikum Berlin, Klinik für Mund-, Kiefer- und GesichtschirurgieSowohl im Bereich der Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie als auch in Orthopädie und Unfallchirurgie existieren zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten für resorbierbare Schrauben und Platten auf Magnesiumbasis. Dazu gehört einerseits die Frakturbehandlung, andererseits aber auch die onkologische und rekonstruktive Chirurgie. Um den komplexen Prozess der Knochenheilung zu ermöglichen, ist allerdings über die reine mechanische Stabilität hinaus ein enges und erfolgreiches Zusammenspiel des Immunsystems, der Osteogenese und der Angiogenese notwendig (Loeffler et al., 2018). Um diesem Umstand gerecht zu werden, wurde das Konzept der bioaktiven Osteosynthese entwickelt, welches besagt, dass eine Osteosynthese nicht nur die Fraktur stabilisieren, sondern darüber hinaus auch bioaktive Eigenschaften besitzen sollte (Chen et al., 2016).
Magnesium ist ein resorbierbares Material, wobei bei der Degradation Magnesiumionen freigesetzt werden. Diese freiwerdenden Magnesiumionen haben einen stimulierenden Effekt auf Immunzellen, insbesondere induzieren sie eine Veränderung der Makrophagenpolarisation und die Freisetzung von antiinflammatorischen Zytokinen (Zhang et al., 2019). Ein, durch die Veränderung der Makrophagenpolarisation ausgelöster, früherer antiinflammatorischer Shift in der Knochenheilung kann die enchondrale Ossifikation begünstigen und so die Knochenheilung unterstützen (Schlundt et al., 2018). Jedoch besteht die Möglichkeit, dass Nebenprodukte der Magnesiumdegradation, wie beispielsweise Wasserstoffgas, die Knochenneubildung stören, wenn die Degradationsgeschwindigkeit die Diffusionsgeschwindigkeit in umliegenden Geweben übersteigt (Witte, 2015). Als Konsequenz können Hohlräume um die Magnesiumschrauben entstehen (Wang et al., 2020). Die Verwendung von passivierenden Elementen in einer Magnesiumlegierung und auch Oberflächenmodifikationen wie beispielsweise Plasmaelektrolytmodifikationen (PEO) reduzieren die Degradationsrate der Magnesiumimplantate und verlangsamen somit die Gasbildung (Imwinkelried et al., 2013). In der Magnesiumlegierung WE43 sind seltene Erden enthalten, die als passivierende Elemente agieren (Imwinkelried et al., 2013).
Die Bioaktivierung von Titanimplantaten mittels PEO-Oberflächenmodifikation hat gezeigt, dass die Immunreaktion, Angiogenese und die Osseointegration durch die PEO-Oberflächenmodifikation positiv beeinflusst werden (Bai et al., 2018). Die Auswirkungen einer Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen im Verlauf der Knochenheilung zeigt sich zeit- und dosisabhängig (Chen et al., 2016). Es ergibt sich die Frage, ob sich die Osteogenese durch die osteoimmunologische Wirkung der Magnesiumionen und die PEO-Oberflächenmodifikation verstärkt oder sich die Effekte gegenseitig aufheben. Ziel dieser Arbeit ist es, die immunmodulatorischen, osteogenetischen und angiogenetischen Effekte von WE43-basierten Magnesiumimplantaten mit und ohne PEO-Oberflächenmodifikation zu untersuchen. Die Hypothese lautet, dass sich durch die PEO-Oberflächenmodifikation auf WE43-basierten Magnesiumimplantaten die immunmodulatorischen, osteogenetischen und angiogenetischen Eigenschaften verbessern lassen.
In einem Vorläuferprojekt wurde die Degradation von WE43-basierten Magnesiumplatten und -schrauben im Großtiermodell nach 6 und 12 Monaten untersucht. Bei den PEO-oberflächenmodifizierten Implantaten zeigte sich eine signifikante Reduktion der Implantatdegradation nach 6 Monaten im Vergleich zu den Implantaten ohne PEO-Oberflächenmodifikation. Darüber hinaus zeigte sich histologisch ein signifikant höherer Knochenanteil über den PEO-modifizierten Platten nach 6 Monaten. Aufgrund des höheren Knochenanteils im subperiostalen Kompartiment über den Platten konnte auf eine, durch die PEO-Oberflächenmodifikation begünstigte, osteostimulative Wirkung geschlossen werden (Rendenbach et al., 2021). Ziel dieses Projektes ist es, den Grund für den beobachteten osteostimulativen Effekt besser zu verstehen. Dazu sollen besonders die Untersuchungen mit den humanen Periostzellen und die indirekte Co-Kultur mit den Degradationsprodukten von WE43-basierten Prüfkörpern mit und ohne PEO-Oberflächenmodifikation Hinweise auf den Mechanismus hinter der osteostimulativen Wirkung geben. Dieses Wissen kann zu zukünftigen verbesserten Frakturversorgungsstrategien beitragen und einer Nutzung von bioaktiven Implantaten den Weg ebnen.
Referenzen:
Bai, L., Du, Z., Du, J., Yao, W., Zhang, J., Weng, Z., Liu, S., Zhao, Y., Liu, Y., Zhang, X., Huang, X., Yao, X., Crawford, R., Hang, R., Huang, D., Tang, B., Xiao, Y., 2018. A multifaceted coating on titanium dictates osteoimmunomodulation and osteo/angio-genesis towards ameliorative osseointegration. Biomaterials 162, 154–169. https://doi.org/10.1016/j.biomaterials.2018.02.010
Chen, Z., Klein, T., Murray, R.Z., Crawford, R., Chang, J., Wu, C., Xiao, Y., 2016. Osteoimmunomodulation for the development of advanced bone biomaterials. Materials Today 19, 304–321. https://doi.org/10.1016/j.mattod.2015.11.004
Imwinkelried, T., Beck, S., Iizuka, T., Schaller, B., 2013. Effect of a plasmaelectrolytic coating on the strength retention of in vivo and in vitro degraded magnesium implants. Acta Biomater 9, 8643–8649. https://doi.org/10.1016/j.actbio.2012.08.047
Loeffler, J., Duda, G.N., Sass, F.A., Dienelt, A., 2018. The Metabolic Microenvironment Steers Bone Tissue Regeneration. Trends in Endocrinology & Metabolism 29, 99–110. https://doi.org/10.1016/j.tem.2017.11.008
Rendenbach, C., Fischer, H., Kopp, A., Schmidt-Bleek, K., Kreiker, H., Stumpp, S., Thiele, M., Duda, G., Hanken, H., Beck-Broichsitter, B., Jung, O., Kröger, N., Smeets, R., Heiland, M., 2021. Improved in vivo osseointegration and degradation behavior of PEO surface-modified WE43 magnesium plates and screws after 6 and 12 months. Materials Science and Engineering: C 129, 112380. https://doi.org/10.1016/j.msec.2021.112380
Schlundt, C., El Khassawna, T., Serra, A., Dienelt, A., Wendler, S., Schell, H., van Rooijen, N., Radbruch, A., Lucius, R., Hartmann, S., Duda, G.N., Schmidt-Bleek, K., 2018. Macrophages in bone fracture healing: Their essential role in endochondral ossification. Bone 106, 78–89. https://doi.org/10.1016/j.bone.2015.10.019
Wang, J., Xu, J., Hopkins, C., Chow, D.H., Qin, L., 2020. Biodegradable Magnesium‐Based Implants in Orthopedics—A General Review and Perspectives. Adv Sci (Weinh) 7. https://doi.org/10.1002/advs.201902443
Witte, F., 2015. Reprint of: The history of biodegradable magnesium implants: A review. Acta Biomater 23 Suppl, S28-40. https://doi.org/10.1016/j.actbio.2015.07.017
Zhang, X., Chen, Q., Mao, X., 2019. Magnesium Enhances Osteogenesis of BMSCs by Tuning Osteoimmunomodulation. BioMed Research International 2019, e7908205. https://doi.org/10.1155/2019/7908205
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Dr. med. Alexander Milstrey
Biomechanischer Effekt der additiven Stabilisierung des anteriofen Syndesmosenbandes bei osteosynthetisch versorgten Sprungglenkfrakturen mit Fraktur des hinteren Kantenfragmentes im Vergleich zur konventionellen Stellschraube
Dr. med. Alexander Milstrey
Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und WiederherstellungschirurgieAbschlußbericht
Frakturen des oberen Sprunggelenks (OSG) gehen oft mit Frakturen des posterioren Malleolus (PM) und einer konsekutiven Instabilität der distalen tibiofibularen Syndesmose einher. In der vergangenen Dekade erfolgte ein Paradigmenwechsel in der osteosynthetischen Versorgung des PM mit einer zunehmenden Indikation zur dorsalen Plattenosteosynthese zur direkten anatomischen Stabilisierung des knöchernen hinteren Syndesmosenausrisses sowie den Vorteilen eines posterolateralen Zuganges bezüglich der zusätzlichen Möglichkeit der dorsalen Fibulaosteosynthese bei gleichzeitig oftmals suffizienterer Weichteildeckung.
In diesem durch die AO geförderten Projekt wurden die biomechanischen Aspekte der Fixierung des hinteren Kantenfragmentes durch eine direkte dorsale Plattenosteosynthese auf das distale Tibiofibulargelenk evaluiert. Zudem wurde auch der Einfluss einer additiven Augmentation durch eine trikortikale Stellschraube oder eine direkte anatomische Fadenankeraugmentation (InternalBraceTM, Fa. Arthrex) des vorderen Syndesmosenbandes untersucht. Die Stabilität der Syndesmose wurde mit Hilfe eines Sechs-Achsen-Roboters und moderner optischer Messsysteme an Kadaverpräparaten des Unterschenkels (n=8) untersucht. In Neutralstellung, Dorsalextension und Plantarflexion wurde die Stabilität der Fibula in Relation zur Tibia in einer Sagittal-, Coronar- und Axialebene und des Talus bezüglich Außenrotation und lateraler Translation unter Belastung sowie mittels Außenrotations-Stresstest bestimmt.
Wesentliche Ergebnisse der Studie sind, dass lediglich eine Dreibandverletzung der Syndesmose – im Gegensatz zu einer partiellen dorsalen Instabilität nach Osteotomie des PM - zu einer signifikanten Instabilität des OSG führt. Eine alleinige Refixation des PM mittels Plattenosteosynthese kann die Stabilität der Syndesmose insbesondere in der Sagittalebene nicht wiederherstellen. Die additive Stabilisierung sowohl mittels Stellschraube als auch mittels Fadenanker führte zu einer signifikanten Reduktion der Rotationsinstabilität, jedoch konnte lediglich die Kombination der beiden Verfahren die biomechanische Stabilität der Syndesmose in allen drei Ebenen sowohl in Dorsalextension als auch Plantarflexion wiederherstellen. Wesentliche Erkenntnisse hinsichtlich der klinischen Translation erscheinen zudem, dass bei intraoperativer Beurteilung der Syndesmoseninstabilität, beispielsweise durch den Außenrotationsstresstest, insbesondere auch auf eine Instabilität in der Sagittalebene geachtet werden sollte.
Wir möchten der AO für die Förderung unseres Forschungsprojektes nochmals herzlich danken.
Abstract:
Bei dem mit der Verleihung der AO Trauma Nachwuchsförderung auf dem DKOU 2021 ausgezeichneten Projekt planen wir die Biomechanik von instabilen Syndesmosenverletzungen mit einem hinteren Kantenfragment sowie die anatomische Rekonstruktion von Syndesmosenverletzungen mit der konventionellen Stellschraube zu vergleichen.
In den letzten Jahren erfolgte ein Paradigmenwechsel bezüglich der osteosynthetischen Versorgung auch kleinerer hinterer Kantenfragmente, da diese als knöcherner Ausriss des hinteren Syndesmosenblattes anatomisch zur Wiederherstellung der physiologischen Stellung und Stabilität der Sprunggelenkskabel führen. Die biomechanischen Auswirkungen einer isolierten Osteosynthese des hinteren Kantenfragmentes und somit der hinteren Syndesmose auf das distale Tibiofibulargelenk sind jedoch nur unzureichend untersucht.
Der aktuelle Standard in der operativen Therapie bei instabilen Syndesmosenverletzungen ist die Stellschraube, welche jedoch ein statisches, rigides Konstrukt darstellt und die physiologischen Mikrobewegungen der Syndesmose unterbindet. Zudem sind häufig Komplikationen wie insbesondere Fehlrepositionen beschrieben. Auch die neueren dynamischen SutureButton Verfahren stellen ein extraanatomisches Rekonstruktionsverfahren dar.
In der geplanten Studie soll nun die Bewegung der Fibula zur Tibia hin in einem bereits in Vorversuchen entwickeltem Projektaufbau an einem 6-Achsen-Industrieroboter unter kontinuierlicher Belastung und Bewegung schrittweise unter Durchtrennung und Rekonstruktion der Syndesmosenregion untersucht werden (Siehe Abbildung 1). Hierbei wird zunächst ein hinteres Kantenfragment osteotomiert sowie im Folgeschritt eine ligamentäre Durchtrennung des vorderen und interossären Syndesmosenblattes präpariert. Im dritten Schritt wird das hintere Kantenfragment durch eine Plattenosteosynthese rekonstruiert. Gegenübergestellt werden in weiteren Versuchsschritten dann die additive Augmentation des vorderen Syndesmosenblattes mit einem SutureTape Fadenanker im Vergleich zur fibulotibialen Stellschraube sowie die Kombination aus beiden Verfahren bis hin zum Load to Failure Test (Siehe Abbildung 2). Ziele der Studie sind zum einen die Untersuchung der Kinematik der Fibula im physiologischen, instabilen sowie dorsal rekonstruierten Zustand, da erste Ergebnisse auf eine persistierende Rotations- und Sagittalinstabilität der Fibula nach Osteosynthese des hinteren Kantenfragmentes hindeuten. Zum anderen soll die Biomechanik und Stabilität einer neuartigen additiven anatomischen Rekonstruktion des vorderen Syndesmosenblattes im Vergleich zur konventionellen Stellschraube untersucht werden. Unsere Hypothese ist folgende: Die OSG-Kinematik wird durch eine Augmentation des vorderen Syndesmosenblattes mit einem anatomisch verlaufenden Fadenanker im Vergleich zur extraanatomischen Stellschraube physiologischer wiederhergestellt.
Danken möchte ich dem Team aus dem „Bonelab“, allen voran Klinikdirektor Univ.-Prof. Dr. Michael Raschke, Arbeitsgruppenleiterin Prof. Dr. Sabine Ochman, Ingenieur Jens Wermers sowie der Doktorandin Stella Gartung, da ein solches Projekt stets eine Teamleistung darstellt und eine Auszeichnung allenfalls stellvertretend für das Team entgegengenommen werden kann.
Versuchsaufbau mit 6 Achsen-Industrieroboter (Fa. Kuka, simVitro Software), optischem Messsystem (Fa. GOM GmbH) sowie Röntgenquelle
Anatomisches Präparat mit optischen Markern zur Messung der Bewegung zwischen Fibula sowie in Rot umkreist die fibulotibiale Stellschraube sowie die Fadenankeraugmentation des vorderen Syndesmosenblattes
Projekte 2020
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Dr. Dr. med. Markus Wenning
Chronifizierungsrisiko nach lateraler Bandruptur evaluiert mittels funktioneller 3DSprunggelenks-Arthrometrie im MRT (3SAM)
Dr. Dr. med. Markus Wenning
Universitätsklinikum Freiburg
MOTION LABEinleitung
Hintergrund der longitudinalen Beobachtungsstudie war die Erhebung von Baseline-Daten zur Entwicklung der mechanischen, funktionellen und subjektiven Sprunggelenk-Instabilität nach einem primären, relevanten Sprunggelenk-Distorsionstrauma. Aus diesen Daten sollte einerseits abgeleitet werden, ob die entwickelte Methodik der Arbeitsgruppe im Alltag einsetzbar ist und andererseits, ob auf der Grundlage dieser Daten eine multizentrische, randomisiert-kontrollierte Studie zur Intervention bei mechanischer Sprunggelenk-Instabilität entworfen und kalkuliert werden kann.
Methodik
Wir führten zu den Zeitpunkten fünf Tage, sowie vier, acht und zwölf Wochen und nach 26 und 52 Monaten nach einem initialen Distorsionsereignis mit mutmaßlicher struktureller Verletzung des lateralen Bandapparates eine progredient aufgebaute Testbatterie durch. Diese beinhaltete eine Ganganalyse, Stabilometrie, isokinetische Kraftmessung der Pro-/Supination, Sprungtestung, Stress-Sonographie, 3SAM (3-dimensionale Sprunggelenk-Arthrometrie im MRT) sowie PROMs durch.Ergebnisse (Auswahl)
N=45 Patienten konnten erfolgreich eingeschlossen werden, von welchen n=41 bis zum finalen Follow-Up nach 52 Monaten erhalten blieben. Es zeigte sich u.a. eine hohe Korrelation zwischen der mechanischen Instabilität (3SAM) nach 3 Monaten und der mechanischen Instabilität nach 12 Monaten. Eine vergleichbare Darstellung in der Stress-Sonographie zeigte sich nicht. Die funktionellen Defizite beispielsweise in der Ganganalyse und der Stabilometrie zeigten Seitenunterschiede bis zur Messung nach 3 Monaten. Die folgenden Abbildungen geben einen ersten Überblick zu den Ergebnissen.Diskussion
Die subjektive und die funktionelle Sprunggelenk-Instabilität zeigt sich im Jahresverlauf insgesamt deutlich gebessert, während die mechanische Instabilität im weiteren Verlauf einer größeren Varianz unterworfen ist. Die Analyse zur Entwicklung der mechanischen Sprunggelenk-Instabilität zeigt darüber hinaus, dass die 3SAM-Messung bereits frühzeitig (nach 3 Monaten) die langfristig mechanisch instabilen Sprunggelenke identifizieren könnte. Dies kann einerseits als positive Bestätigung der Methodik selbst interpretiert werden, andererseits erlaubt es voraussichtlich den Einsatz als diskriminatives Moment zum Entwurf einer RCT-Interventionsstudie zur Vermeidung einer Chronifizierung der Sprunggelenk-Instabilität.Ausblick
Weitere Detail-Analysen zur finalen Bewertung der Studienergebnisse stehen noch aus und werden schrittweise in den kommenden Monaten international publiziert werden. Ebenso befindet sich die geplante multizentrische RCT aktuell im internen Antragsprozess.